Das Sperenberger Freibad
An der Stelle wo sich heute ein breiter und schöner Sandstrand ausdehnt, gab es damals nur eine flache Uferzone die als Pferdeschwemme genutzt wurde. Unter einer Pferdeschwemme kann man sich eine Art frühe „Pferdewaschanlage“ vorstellen, bei der die Tiere gereinigt wurden bevor es in den Stall ging.
Weil das Wasser an dieser Stelle durch die stampfenden Pferdehufe schnell tiefer wurde und so manch unaufmerksamen Nichtschwimmer plötzlich in arge Bedrängnis bringen konnte und so manch Ertrunkenen zur Folge hatte, sprach der Sperenberger Volksmund auch von der „gefährlichen Pferdekute“, wenn die Rede auf diese Uferstelle kam.
Der Begriff Kute (auch Kiete oder Küte) bedeutet hierbei soviel wie Erdvertiefung, Senke oder Grube.
Wie alte Fotos belegen, begann sich schon lange vor dem ersten Weltkrieg das Badeleben zu entwickeln. Von Ausflüglern war damals aber noch keine Rede. Wenn, dann tummelten sich hier nur die Jungen und Mädchen aus dem Dorf und die ältere Generation lagerte auf der Wiese und sah dem Treiben bei Kaffee und Kuchen zu.
Nach dem 2. Weltkrieg zog auch der Krumme See immer mehr Badegäste aus Nah und Fern an. Nach mehreren Anläufen beantragte die Gemeinde Sperenberg 1951 bei der Landesregierung 15.000,00 DM zum Bau einer Badeanstalt. So errichtete man ein Haus mit zwei Umkleidekabinen, Toiletten und Garderobe, einer Kasse mit Blickfenster und Verkaufsstand, einen Sprungturm sowie den Trinkwasseranschluss und eine komplette Einzäunung des Geländes. Das Freibad war damit offiziell geboren.
Während der DDR-Zeit war es immer Anliegen der Regierung, möglichst viele „Naherholungszentren“ zu schaffen. So wuchs auch in Sperenberg das Interesse an der Ausgestaltung der inzwischen etwas verwahrlosten Badestelle. So kam es, das 1969 der verdienstvolle Schmiedemeister Heinz Schulze einige Leiter von Handwerksbetrieben und aktive Bürger um sich scharte und das „Aktiv Freibad“ gründete. Unter dieser Sprachschöpfung des „real existierenden Sozialismus“ ist ein Arbeitskreis oder eine Gruppe von aktiven Leuten zu verstehen, die ein gemeinsames Ziel verfolgten. Ins Neudeutsch übersetzt also: „Team Freibad“.
Den Zusammenhalt der Bürger zu pflegen und ihnen damit ein Heimatgefühl zu vermitteln, das war die unausgesprochene Losung des „Aktivs Freibad“.
Die Initiative organisierte für den 16. August 1969 das erste „Strandfest“, um den Gästen die Verschönerungen am Freibad vorzustellen, die von vielen fleißigen Bürgern und vor allem auch den damals Jugendlichen unter Führung von H. Schulze geschaffen wurden.
Dazu gehörten eine Schwimmkampfbahn über 50 m, Sprungtürme, ein buntes Fahnenkreuz mit Ruder, Verkaufsstände, die Sportanlage hinter der Bühne, eine Tanzfläche sowie ein „Fliegenpilz“ mitten im See, auf dem sich die Schwimmer ausruhen konnten.
Es war ein großartiges Volksfest, das mit einem Tanzabend ausklang und sogar von einem – damals noch seltenen – Feuerwerk überstrahlt wurde. Nach dem 1. Strandfest wurde am Freibad natürlich fleißig weiter gearbeitet.
Die Sperenberger und ihre Gäste konnten sich so bald über einen repräsentativen Eingang und eine elektrische Beleuchtung des gesamtem Festgeländes bis hinunter zum Strand erfreuen. Wegen der guten Besucherzahlen und der damit verbundenen finanziellen Überschüsse wurden für 1970 weitere Veranstaltungen vorbereitet, deren Erlöse u.a. in den Bau eines noch bis heute erhaltenen Versorgungsgebäudes mit „Eiscafe“ und „Seeschänke“ flossen.
Dafür wurde im September 1970 die Grundstein gelegt und am 01.05.1971 konnte es eingeweiht werden. Diese Leistung wurde mit Unterstützung der Industriebetriebe und der örtlichen Handwerksmeister sowie zahlreicher ehrenamtlichen Helfer in über 7500 Stunden freiwilliger Arbeit vollbracht.
Das „Aktiv Freibad“ hat in den folgenden Jahren jährlich zwei bis vier große Veranstaltungen organisiert. Chor- und Pfingstkonzerte, Sommernachtsbälle und vor allem die „Strandfeste“ mit Bademodenschau oder dem Sandmannbesuch, wurden zur beliebten Tradition. Ebenfalls jedes Jahr kam „der Rummel“ ins Dorf, dessen Schausteller immer ihren Platz auf dem Gelände des Freibads fanden.
Auch an die fleißigen Helfer wurde gedacht, die sich das Jahr über aktiv um das Freibad kümmerten. Schließlich sollte das Gelände nicht nur immer in Ordnung sein, sondern auch die Badegeräte mussten gewartet und im Frühjahr und Herbst auf- und abgebaut werden.
So gab es im Winter auch immer ein kleines „Helferfest“ mit gutbürgerlicher Küche – und ordentlich Freibier.
Mitte der 80er Jahre wurden noch einmal mit Unterstützung vieler Helfer diverse Arbeiten am Freibad vorgenommen, die neben einer Uferbefestigung auch neue Räumlichkeiten für Gaststätte und Eisdiele zur Folge hatten.
Nach der politischen Wende 1989 hatten auch die Menschen in Sperenberg aber plötzlich andere Sorgen. Strandfeste waren nicht mehr gefragt und so löste sich leider auch das seit zwanzig Jahren bestehende „Aktiv Freibad“ auf.
Das Areal wird heute nur noch sporadisch für diverse Veranstaltungen genutzt.
Diese werden nicht mehr von der Bürgerinitiative getragen, was zur Folge hat, dass die Erlöse leider auch nicht mehr dem Strandbad zugute kommen, sondern einzig und allein dem Veranstalter.
Trotzdem konnte auf Initiative einiger engagierter Bürger im Jahr 2000 ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes modernes, neues Toilettenge-bäude errichtet werden.
Im Zuge der Dorfsanierung und Umgestaltung der Neuendorfer Straße, musste sich auch der Eingangsbereich vor dem Freibad einer baulichen „Verschönerung“ unterziehen, die der Sperenberger Volksmund nicht grundlos bald als „Spargelfelder“ oder „Hügelgräber“ bezeichnete.
2003 wurde das alte, nicht mehr genutzte Gebäude mit den Umkleidekabinen abgerissen, um nun einen schönen Blick über den Krummen See zum Höhenrand der Gipsberge freizugeben.
Zum Glück gibt es aktive Bürger, die sich nicht nur um den Erhalt der gesamten Anlage, sondern auch um das kulturelle Umfeld bemühen.
Davon kündet z.B. der ohne Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln erbaute Dorfbackofen, der sich inzwischen einer zunehmenden Beliebtheit erfreut. Vor allem durch die Initiative des „Förderverein Heimatstube Sperenberg“ konnte dieser im Sommer 2003 fertig gestellt und erstmals angeheizt werden.
Seit dem finden regelmäßig Backtage statt, an denen frisch gebackenes Brot, Kuchen, Schmalzstullen und Kaffee im neu errichteten Nebengebäude verkauft wird. So kann sich jeder der will mit knusprig-frischem Backgut versorgen, bei dessen traditioneller Herstellung man in geselliger Atmosphäre sogar noch zuschauen kann.https://heimatstube-sperenberg.de/wp-content/uploads/2018/06/Bckof.jpg
Die aktuelle Backtermine können Sie zu gegebener Zeit unter auf unserer Website unter der Rubrik „Aktuelles“ finden.
Das Freibad wird heute privatwirtschaftlich betrieben.